• Szenenbild aus dem Film „Vogelscheuche“

Vogelscheuche

In der kleinen russischen Stadt am Fluss ist das Leben Anfang der 1980er Jahre für 12-Jährige ganz schön öde. Kein Wunder, dass Lena, die Neue in der Klasse, Abwechslung verspricht. Sie ist zu ihrem Großvater gezogen, den die meisten hier ziemlich wunderlich finden. Dass Lena Zöpfe trägt und brav wirkt, verlockt deshalb zu Sticheleien.

Mit kleinen Neckereien fängt es an, mit dem Spitznamen „Vogelscheuche“ geht es weiter. Nur Dima, ein hübscher Junge, der in der Klasse beliebt ist, mag Lena offenbar. Die Klasse freut sich riesig auf die Klassenfahrt nach Moskau, die zum Ferienbeginn stattfinden soll. Aber als die Schüler am Tag vor der Abfahrt eine Stunde schwänzen, um ins Kino zu gehen, wird Dima erwischt und zur Rede gestellt, bis er sagt, was los ist. Die Lehrerin sagt für ihre Klasse die Moskaureise deshalb ab.

In ihrer Wut und Enttäuschung suchen die Mitschüler nach dem oder der Schuldigen. Lena und zwei weitere Schüler hatten Dimas Geständnis mitgehört, sagen aber nichts. Lena behauptet sogar, sie sei es gewesen, denn sie will Dima zeigen, wie sehr sie ihn mag. Als Dima aber bei der Jagd auf Lena mitmacht, obwohl er versprochen hatte, alles aufzuklären, ist sie so verzweifelt, dass sie zu drastischen Mitteln greift.

Nicht nur Lena und Dima, auch die anderen Figuren sind toll gespielt und sehr genau beobachtet. Schmackova, die Hübsche, weiß genau, wer es wirklich war. Sie sagt aber nichts, weil sie es spannend findet, mehr zu wissen als alle anderen. Mironowa wiederum will unbedingt Gericht halten und kennt dabei kaum noch eine Grenze. Und Wasiljew reißt die Klappe weit auf, weil er selbst ein Geheimnis hat.

Der Film spielt Anfang der 1980er Jahre. Was zwischen den Kindern passiert, kann allerdings zu jeder Zeit und an jedem Ort stattfinden. Rolan Bykov, der Regisseur des Films, erzählt von falschen Beschuldigungen und falschen Geständnissen, von Feigheit, Gemeinheit, Wut, Enttäuschung und Selbstgerechtigkeit. Dabei zeigt er auch, wie gefährlich es werden kann, wenn alle einem Wortführer hinterherlaufen. Und wie beschämend es ist, wenn man merkt, dass man sich schlimm getäuscht hat. Die Kamera lenkt den Blick während des Films immer wieder auf die Bedrohung, die Lena spürt. Und die Musik steht meist in krassem Gegensatz zur Stimmung der Personen.